Ordnung und Transgression
Forschungsprojekt «Ordnung und Transgression: Divergierende Repräsentationen in osmanischen Texten (1687–1730)», bearbeitet von Dr. Felix Konrad, gefördert durch den Schweizerischen Nationalfonds in den Jahren 2015–2018.
1687, 1703 und 1730 führten innere Konflikte im Osmanischen Reich zu politischen Umwälzungen, bei denen der jeweils regierende Sultan abgesetzt wurde. Die osmanische Historiographie überliefert die Umstürze in grosser Dichte, was auf das Bestreben verweist, diese krisenhaften Erfahrungen zu bewältigen. In der historiographischen Aufarbeitung der Ereignisse werden divergierende Repräsentationen und konkurrierende Interpretationen fassbar. Sie widerspiegeln nicht nur die Interessen der beteiligten Akteure, sondern auch Auseinandersetzungen um die legitime soziale und politische Ordnung.
Dieses Forschungsprojekt nutzt die Historiographie der Umstürze, um herauszuarbeiten, wie im Osmanischen Reich des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts soziale Ordnung wahrgenommen, repräsentiert und konstruiert wurde. Chroniken und ergänzend Biographiensammlungen werden in Hinblick darauf analysiert, wie soziokulturelle Grenzen gezogen, welche Transgressionen (Verletzungen sozialer Grenzen) wahrgenommen, welche sozialen, politischen, kulturellen und religiösen Normen vertreten und wie Normverstösse beurteilt wurden. Als Referenzpunkt der Historiographie dient die politische „Fürstenspiegel“-Literatur und die darin explizierten Gesellschaftsmodelle und Wertvorstellungen, Begriffe und Konzepte. Ziel des Projekts ist es, ein kohärentes Bild der soziokulturellen und -politischen Ordnungsentwürfe und Normensysteme der osmanischen Eliten zu gewinnen.